#penmarathon

24 tweets sind eine Geschichte

1/24 Was für eine gequirlte Scheiße war das jetzt? Björn Elsok vergewisserte sich, dass die Mail wirklich aus dem Kanzleramt kam. Die Alte wolle starke Personalveränderungen umsetzen. „Wir brauchen die Frauen als Wählerinnen, um für unsere Partei das Beste zu erreichen. #penmarathon

2/24 Daher werde ich intern Positionen mit Frauen neu besetzen.“ Dann noch Blabla von wegen „Bitte um Verständnis“, „Zeiten wie diesen“ und so weiter. Klar, jetzt auch noch seinen Stuhl für eine Frau frei machen. Feierabend. Dieses Land war nicht mehr sein Land. #penmarathon

3/24 Erst die Offensive für „Lehrer an die Grundschulen“. Geld für Pflegestellen, um Männer zu begeistern. Schließlich als Schullektüre Pilcher statt Brecht. Jetzt die Jobs der Minister und Referenten an Frauen. Die fünfte Amtszeit hatte der Alten das Hirn zerstört. #penmarathon

4/24 Italien vielleicht? Zu teuer für seine Ersparnisse. Spanien? Er konnte Paella nicht ausstehen. Strand oder Wandern? Da stieß er auf einen Artikel: „Berge, Meer und Wein in Georgien“. Georgien, warum nicht? Und die Frauen da? War auch schnell gegoogelt. #penmarathon

5/24 „Die Unterdrückung der Frau gehört im Kaukasus fast schon zum kulturellen Erbe“ – stand in dem Artikel und das ließ die letzten Zweifel schwinden. Außerdem sah die Dame auf dem Bild zum Artikel aus wie die Oma von Roman Polanski. Ein Flug nach Tiflis kostete 229 Euro und ging morgen früh. #penmarathon

6/24 Schlecht geschlafen. Alpträume von einer Welt in der Männer in Hundekäfigen lebten und nur zum Hausputz und zum Beischlaf herausgelassen wurden. Fiel Björn sofort wieder ein, als er sah wie am Flughafen eine Frau einen häßlichen Minköter in ihre Handtasche drückte. #penmarathon

7/24 Türkische Billigfluglinie. Zwischenstopp in Istanbul. Essen konnte man da natürlich nichts auf dem Flughafen. Kurz hatte er über die Option Türkei nachgedacht. Verworfen. Womöglich würde er da Kolleginnen aus dem deutschen Parlament über den Weg laufen. #penmarathon

8/24 Noch eine Stunde, dann endlich Tiflis, das Land in dem Männer noch Männer sein durften.  Über die Sprache machte er sich keine Sorgen. Niemand brauchte Kartuli, wenn er ein echter Kerl war.  Er hatte Kontakte. Er hatte Nino Haratischwilis gelesen. Er hatte Zuversicht.  #penmarathon

9/24 Björn war überrascht. Moderner Flughafen, sechsspurige Autobahn Richtung City. Er hatte nach einer Budget-Unterkunft gefragt. Der Taxifahrer hatte ihn nach knapp fünfzehn Minuten Fahrt zu einer Pension gebracht, die „Willkommen“ im Titel trug. Er betrachtete das als Omen. #penmarathon

10/24 LILA! Die Wände seines Zimmers waren lila gestrichen. Gut, für umgerechnet unter 30 Euro durfte man vielleicht keine Männerfarbe erwarten. Er stellte sein Gepäck ab, um die Stadt zu erkunden und sich mit Dominic zu treffen. keine Zeit vergeuden. #penmarathon

11/24 Auf dem Weg durch die Altstadt hatte er Zweifel. All die fremden Namen, Sprachfetzen, allein die Schrift. Er fühlte sich fremd, bis er sich auf die Menschen konzentrierte: Mädchen in Miniröcken, blonde Haare, schwarze Kopftücher. Kaum Männer auf den Straßen.  #penmarathon

12/24 Dominic strahlte, klopfte auf den Stuhl neben sich, als er Björn kommen sah. Gamardschoba!  sagte er immer wieder und klopfte ihm auf die Schulter. Sie hatten sich über seine Arbeit im Ministerium kennengelernt. Dominic hatte eine Frau und 3 Töchter. Arme Sau. #penmarathon

13/24 Dominics Deutsch war gut genug um Björn zu vermitteln, dass es nicht ganz einfach werden würde mit einem Job. Aber Georgien sei ein großes Land mit vielen Möglichkeiten. Björn sei doch reich, vielleicht ein Hotel am Schwarzen Meer? Oder wollte er sich als Weinbauer versuchen? #penmarathon

14/24 Dominic hatte Essen bestellt, das immer in die Mitte des Tisches gestellt wurde. Chatschapuri, gefüllten Teigtaschen und Fleisch, viel Fleisch. Heruntergespült mit georgischem Wein, Wodka und Bier, serviert vom Wirt persönlich. #penmarathon

15/24 Er weinte, als er mit einem fetten Kater erwachte. Wegen der Übelkeit, wegen der undefinierbaren Schriftzeichen an der Tür, wegen der scheußlichen Wandfarbe. Wegen der Nachrichten auf CNN. Die Alte Hund die Frauenoffensive. Er konnte nicht zurück. #penmarathon

16/24 Björn gefiel es in Tiflis.  Ein veganes Restaurant hatte eröffnet und war mit Wurstscheiben beworfen worden, bis es umzog. Das war so ganz und gar nicht Prenzlauer Berg. Tradition zählte hier noch etwas. Die Männer versorgten die Familie, die Frauen passten sich an.  #penmarathon

17/24 Vielleicht würde er sich sich eine Frau suchen. Nicht so eine wie die Alte, sondern eine, die zu ihm aufsah, für ihn da war. Ihn achtete. So wie es sich gehörte. Vor dem winzigen Schreibtisch stand ein zusammenklappbarer Angelstuhl. Wo konnte man hier angeln gehen? #penmarathon

18/24 Hier in Georgien wussten sie, was Männer wollten. Eine Angelgenehmigung war nicht nötig. Der Portier des Hotels hatte ihm sogar seine Ausrüstung geliehen. Mitten in der Stadt, im Fluß Kura solle er sein Glück versuchen, hatte er lachend gesagt. Nun stand er hier. #penmarathon

19/24 Der Fluß war eine ziemlich braune Brühe, aber der Typ neben ihm in grauem Kurzarmhemd und Schiebermütze hatte zustimmend genickt, als Björn seine Angel auswarf. Angeln hatte ihm immer schien beim Denken geholfen. #penmarathon

20/24 Das mit der Sprache, das war ein Problem. Weil er aus Berlin einfach abgehauen war, würde er hier wenig Unterstützung aus Deutschland erwarten dürfen. Ohnehin würde die Regierung für die Vermittlungsgespräche für den EU-Beitritt sicher sowieso Frauen schicken. #penmarathon

21/24 Er würde sich nicht unterkriegen lassen. Björn hatte seine Führerscheinprüfung in 17 Wochen geschafft, sein Spanisch-Diplom in einem zweiwöchigen Intensivkurs. Da sollte ein Neuanfang in diesem wunderbare Land für einen wie ihn kein Problem darstellen. #penmarathon

22/24 Die Forelle hatte er dem Mann mit der Schiebermütze geschenkt. War zum Hotel zurück und hatte seinem Anwalt einer Mail geschickt: Haus und die Autos verkaufen, alles auf sein Onlinekonto einzahlen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.  Neues Leben.#penmarathon

23/24 Er feierte seine Entscheidung in einer kleine Bar unweit vom Hotel. Kam ins Gespräch mit einer attraktiven Dunkelhaarigen, die in Deutschland studiert hatte. Wieder viel Wein, Whisky, Schnäpse. Schwankend gemeinsam zum Hotel, Turnstunde auf dem schmalen Bett. #penmarathon

24/24 Björn wurde wach, weil Dea einen Schuh fallen ließ. Er richtete sich auf, sah sie winkend durch die Tür verschwinden. Vor dem Bett lag ein Zettel: „Hatte schon aufregendere Nächte. Vielleicht versuchst du es mal mit einem Mann?“ ENDE #penmarathon

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Moin-Land

Die Wunderbarkeit von Moin

Immer wenn ich aus meiner Kleinstadt in Brandenburg zu einer Arbeitswoche nach Bremen komme, dann ist es schon da.

Immer wenn ich meine Eltern in Nordfriesland besuche, dann ist es schon da.

Das Moin.

Wie ein einfaches Wort, eine Begrüßungsformel (die eigentlich mehr ist als  nur das) die Stimmung verändert, das kann jeder erleben, der in den Norden fährt.

Im Dorf meiner Eltern wird immer gegrüßt. Egal, ob man Urlauber ist oder Zugereister oder seit Jahren dort wohnt. Begegnet man sich auf der Straße, sagt man „Moin“. So habe ich auf dem kurzen Fußweg vom Haus meiner Eltern bis zum Supermarkt meistens mit mindestens fünf Menschen gesprochen.

In Bremen betritt man den Sender nicht, ohne vorher mit zahlreichen Kollegen vor der Tür und dann auch auf den Gängen ein „Moin“ ausgetauscht zu haben.

Für Süddeutsche nicht nachvollziehbar, ich weiß. Denn „Moin“ , das ist nicht „Guten Morgen“. Das kann es sein, aber es steht auch für: Guten Tag, Guten Abend, Wie geht es dir, Schön dich zu sehen, wunderbar dich zu treffen, lass mich in Ruhe, zum Reden ist heute nicht der Tag…. Ich könnte diese Liste endlos fortsetzen. Man kann es auf tausend unterschiedlich Arten betonen, mit diesem einen Wort Stimmungen ausdrücken.

Nicht allein die Vielseitigkeit macht dieses Wort so besonders. Auch, dass es so leicht ist, andere davon in Kenntnis zu setzen, dass man sie bemerkt hat, das man sie gesehen hat, das man sie wahrgenommen hat.  Man hat miteinander gesprochen, auch wenn man sich nicht kennt. Das ist nett. Das ist freundlich. Das verändert die Atmosphäre unter Menschen. Man kennt sich nicht, aber man kann sich „moinen“ und damit ein klein wenig näher kommen.

Ich finde das wunderbar. Wenn ich nachmittags, müde von mehreren Frühschichten, an den Rauchern vorbei in die Redaktion gehe, diese Raucher dann in verschiedenen Bandbreiten von „Moin“ über „Mooooooooooin“ bis „Moin,do“ alles gesagt haben, dann fühle ich mich gleich ein wenig besser. 

Wir gehören zusammen im Moin-Land und vielleicht wäre es deshalb ganz gut, wenn auch andere Gegenden sich so ein Wort suchen würden.