Prokrastinieren, Das

Ihr habt es ja gelesen. Ich bin wahnsinnig motiviert in die #Autorinnenzeit gestartet.  Immerhin gestartet.  Es ist keinesfalls so, dass ich nicht noch endlos, Tag für Tag hätte weiter machen können. In meinem Leben kommen so wahnsinnig tolle Autorinnen vor, die Bücher schreiben, sich in Artikeln mutig äußern und in Kolumnen Stellung beziehen. Deren Bücher und Artikel werdet ihr auch immer wieder hier oder bei twitter oder auf der Facebook-Autorenseite finden.

Aber nicht Tag für Tag weitergemacht zu haben, bis zum Monatsende. Das ist wirklich schwach. Ich schäme mich.  Und schiebe die Schuld auf Prokrast. Den müsst Ihr Euch vorstellen, wie den Typen, den meine Oma als „Mitschnacker“ bezeichnete (die älteren unter den Norddeutschen Lesern werden sich an eine Folge mit dem Polizeikasper und eben so einem bösen Mitschnacker erinnern).  Klingt ja erstmal sehr positiv, dieses „pro“,  also „für“.

Allerdings kann man ja auch für die Abschiebung aller Ausländer sein, das ist dann auch nicht gut. Oder für die Idee von der Frau am Herd , auch doof.

In Verbindung mit „cras“, was „morgen“ bedeutet, wird die Sache schnell klar. Und erinnert wieder an meine Oma und ihre Weisheiten: Verschiebe nicht auf morgen, was du heute kannst besorgen. Proktastinieren, etwas aufschieben, ist mir ein Begriff, seit ich Autorin bin.

Beim Radio geht das nicht. Da kommt ein Interviewpartner ins Studio, dem kann  nicht sagen, komm mal morgen wieder, ich hab mich auf dich heute nicht vorbereitet. Man kann auch nicht abwarten, bis zufällig einer am Studio vorbeikommt und mal eben den Knopf für die nächste Musik drückt. Muss man selbst erledigen. Sofort. Das ist dann das Gegenteil von Prokrastination, die Präkrastination (Produktivität, Pünktlichkeit, Planung).

Der erste Thriller liegt in den Regalen, Freunde rufen an und erzählen, wie er ihnen gefallen hat, Bloggerinnen teilen Rezensionen, der Verlag schickt eingescannte Zeitungsausschnitte. So langsam müsste man sich mal an das nächste Buch machen.

Denkt man. Denkt auch der Agent. Denkt auch der Verlag.

Man schreibt. Vier Seiten, zwölf, schickt die ersten sechzig an den Agenten. Am nächsten Tag denkt die Autorin: Alles Mist, ich fang neu an, mit einer anderen Geschichte. Macht sie auch.  Diese Idee funktioniert. Es reiht sich Seite an Seite. Schreiben, denken, spazieren gehen, mit anderen Autorinnen austauschen, die Geschichte entwickelt sich.

Aber der Herr Prokrast gibt nicht auf. Morgens, nach dem Aufwachen schlägt er vor, doch erst einmal in Ruhe einen Kaffee zu trinken. Eine zweite Tasse wäre auch schön. Vielleicht noch kurz in den Krimi reinlesen, der demnächst rezensiert werden soll.

Die Autorin prügelt ihn vor die Tür. Erfolglos. Dieses Biest von Quälgeist taucht immer wieder auf.

Ich weiß nach heute: dass ich unbedingt den Film „Pubertier“ sehen muss, der Trailer ist witzig, Ed Sheeran ist bei James Corden im Carpool mitgefahren, da hab ich aber schon tollere Folgen gesehen, die Ehrlich-Brothers bekommen eine neue Fernsehshow (wer waren die Ehrlich-Brothers nochmal?), SPD-Kanzlerkandidat Schulz verspricht, dass die Renten für jung und alt sicher werden, FidgetSpinner sind der neue heiße Scheiß, bei Instagram gabs ein sehr schönes Foto vom Berliner Fernsehturm, ein Freund ist in den USA, eine Bekannte zeigt Bilder aus dem sonnigen Italien.  Ich habe die Nachrichten im Messenger alle beantwortet und bei Facebook einer lieben Freundin zum Geburtstag gratuliert.

Macht daraus mal einen Krimi.

Ich habe heute 12 Seiten geschrieben.

Trotzdem.